2014/11/08

Mackensen - Zu seinem 94. Geburtstag

 «Memini initii», so steht es in dem Wap-
pen des Generalfeldmarschalls: »Ich geden-
ke des Anfangs».. Als der Kaiser 1899 seinem
dienststuenden Flügeladjutanten, dem
Oberst Mackensen, den erblichen Adel ver-
lieh, erbat er sich aus der Bescheidenheit
seines Lebens heraus dieses schlichte Wort
als Devise.
Mackensen hat sich seinen Beruf erkämp-
fen müssen, was er geworden ist, wurde er
nur durch seine eigene Kraft, durch uner-
müdliche Arbeit, durch das preussische
«Ich w i 11».
Sein Geschlecht spross aus Bauern und
Förstern, aus der knorrigen Wurzel, der un-
ser Volk viele grosse Männer zu verdanken
hat. In diesem Geschlecht galt nur die eine
Richtschnur: «Gott vertrauen und der eige-
nen Kraft». Danach handelte auch August-
Mackensen. Sein Weg führte aus bescheide-
nem Umkreis zum Gipfel unsterblichen
Feldherrnruhmes. Immer aber blieb er Kind
seines Elternhauses, immer gedachte er
dankbar des Anfangs, und als er längst
schon der berühmte Reitermar-
schall des ersten Weltkrieges
war, schrieb er an jedem Sonntag — genau
so, wie er es als Neunjähriger nach dem Ab-
schied vom Elternhaus begonnen hatte -
der «herrlichsten Mutter». Ihr vertraute er
seine innersten Gedanken an; er blieb ihr
schlichter Sohn August, bis sie hochbetagt
im letzten Jahre des ersten Weltkrieges zur
Ewigkeit ging.
August Mackensen wuchs als fröhlicher
Junge auf dem Gut Leipnitz im Kreise Wit,
tenberg auf, das sein Väter verwaltete. Sei-
ne über alles geliebte Mutter, die ihn in Ein-
fachheit und Ehrfurcht vor den stillen Din-
gen der Natur erzog und ihm für sein gan-
zes Leben den Leitstern des Gottvertrauens
schenkte, stammte aus der Oberförsterei
Söllichau an der Mulde. Mit Begeisterung
lauschte der kleine August den Schilderun-
gen seines Grossvaters, der ihm als Rittmei-
ster aus dem Freiheitskriege immer wieder
vom Marschall Vorwärts und seinen Husaren
erzählte und — wie später der Enkel — noch
mit 90 Jahren in den Sattel stieg. Er hat ihm
die Entscheidung für sein Leben gegeben»
auch Soldat und Husar zu werden.
Der kleine August war lieber Anführer
im Dorf jungenkriege, als dass er seine Nase

in die damals recht verstaubten Lernbücher
steckte. Aber mit 9 Jahren musste er dann
doch auf das Torgauer Gymnasium und
noch als Quintaner der «hohen Schule»
schrieb er zu einer Zeichnung, die er vom
Fort Zinna herstellte, mit höchster Begeiste-
rung, aber in ebenso schlechter Rechtschrei-
bung an seine Eltern «Vor wenich Tagen
war hier ein Festungsmanöver gewesen, da
wurde for Zinna erstürmt». Als August 1866
in der Sekunda der Franckeschen Stiftung
gen in Halle sass, waren oft seine Ge-
danken — so schrieb er als Generaloberst
von Lowicz 1915 aus den Sekundanern der*,
selben Schule — «über die Dächer von HaL
le hinweg in die Zukunft geeilt, an die Splft*
ze von Truppen, in den Kampf».

Aber August Mackensen musste den
Feldherrntraum seiner Jugend zunächst be*
graben, denn der Vater nahm ihn aus der
Schule, er sollte Landwirt werden. Ein
Jahr stand er hinter Pflug und Wirtschafts-
büchern. Dann konnte er — als Entgelt für
den Verzicht auf den Offiziersberuf — die

schwarze Attila des 2. Leibhusaren-Regi-
ments als Einjährig - Freiwillige»
anziehen. Als Gefreiter zog er in den Krieg
von 1870/71. Nur wenige Wochen später er-
warb er sich, schnell Vizewachtmeister,
durch einen glänzenden Aufklärungsritt hin-
ter den Rücken der Franzosen das EX. «Sie
müssen auf alle Fälle Soldat
bleiben!» sagte der Divisionskommandeur
zu ihm. Wie gerne mochte August dies, das
war ja der Traum seiner Jugend! Aber Va-
ter konnte das Geld dafür nicht freimachen
und irgendeine Gönnerschaft lehnte sein ge-
rader Charakter ab. Als der Krieg zu Ende
war, kehrte der Leutnant Mackensen zum
Pflug zurück. Aber: «Ich kann den Husaren
nicht aus meinem Herzen herauspredigen»
schrieb er an seine Mutter. Er fühlte sich
nicht in seinem Berufe, er war eben mit
Leib und Seele Soldat.

Nicht leichten Herzens gab der Vater, der
sich inzwischen ein Gut in der Lausitz ge
pachtet hatte, schliesslich nach einem Jahr
die Einwilligung — und im Frühjahr 1873
begann nun der Landwirt August Macken-
sen eine der glänzendsten soldatischen Lauf-
bahnen. Ohne abgeschlossene Schulbildung,
ohne Kriegsschulbesuch und Offiziersexamen,
ohne Kriegsakademiestudium und besonde-
re Generalstabsvorbildung, ohne Konnexion,
ohne Vermögen, ohne klangvollen Namen
setzte sich August Mackensen mit eige-
ner Kraft durch, so w'e es sein
Wahlspruch ihm vorschrieb.

Er wurde Soldat im besten preussischen
Sinne, glänzender Reiter, vorbildlicher Offi-
zier, der seine Untergebenen mit sich riss,
wie er seine Vorgesetzten begeisterte. Seine
kriegswissenschaftlichen Kenntnisse, im
Selbststudium erworben, wurden gerühmt.
1898 ist aus dem einstigen Landwirt der er-
ste bürgerliche Flügeladjutant
des Kaisers geworden, 36 Jahre zähl-
te er gerade. Der Schwarze Husar hatte die
Attacke gewonnen. Nur durch efgene Kraft.
Höflinge und Standesdünkel hatte er ge-
schlagen.

1914 ritt der Husarengeneral in den Welt-
krieg. Mit Gottvertrauen, Wagemut und ei-
gener Kraft, mit den Truppen, die ihn über

alles liebten, schlug er immer grössere Sie-
ge. Sein Ruhm wuchs von Tag zu Tag. Die
Entschlossenheit seines Zupackens, die
Schnelligkeit des Reitergenerals, das Mar-
schall-Vorwärtshafte, verblüffte die Welt, al*
er zwischen Gorlice und Tarnow die russi-

sehe Front zerbrach, wenige Wochen später
die Armee der Serben vernichtete und dann
die Russen niederwarf.

Als 1918 fler» Zusammenbruch Bulgariens
und Österreichs kam, entriss er seine Trup-
pen durch geniale Führung der Umklamme-
rung. Durch vereiste Gebirge und lodernden
Aufruhr marschierte seine Armee nach
Deutschland zurück. Aber der Feldherr hat-
te sich für sie geopfert: Um seine Soldaten
zu retten, ging er in die Gewalt der Feinde,
nahm die Gefangenschaft auf sich,
damit sie frei blieben. Die Franzosen ver-
schleppten ihn, er wurde interniert,
schmachvoll behandelt; er ertrug alles mit
der Würde des preussischen Offiziers — da-
mit seine Soldaten leben, nahm er alle Bit-
ternisse auf steh. Ende 1919 erst kehrte er
als Siebzigjähriger aus dem grossen Orlog
heim, tapferster Feldherr, Kamerad seiner
Soldaten, Ritter ohne Furcht und Tadel.
Aber er sattelte nicht ab, er ritt weiter,
nun gegen Tod und Teufel in der Heimat.
Sein Wort stand über dem Chaos, weil er
seine Soldaten nie im Stich Hess. Das ver-
gessen Männer nicht.
Immer stand er bescheiden zurück in sei-
ner Person — wo es aber die Ehre des Vol-
kes und der Soldaten galt, ritt er voran. Er
wurde zum Symbol des Geistes, der Deutsch
land nicht untergehen Hess. In Lauterkeit
verlief sein Leben weiter, wurzelnd immer
wieder in seinem Wappenspruch «Ich geden-
ke des Anfangs.»
Als der Tag des neuen Reiches kam,
stand Mackensen als nationaler Kämpfer
längst innerlich an der Seite Adolf Hit-
lers und nach der Reichstagseröffnung am
21. März 1933 in der Potsdamer Garnison-
kirche konnte er das stolze Wort sagen: «Das
war die grosse deutsche Einigung, die wir
alle ersehnt haben!»
In Ehrerbietung steht das deutsche Volk
vor dem Generalfeldmarschall, der am 6.
Dezember seinen 94. Geburtstag beging.
Auch wenn er einmal heimgegangen ist zur
Grossen Armee, wird er weiterleben in uns
und immer weiterreiten von Generation zu
Generation als der grosse Reitergeneral des
Weltkrieges.

Otto Riebicke

 1943.12.07 Feldzeitung: Nachrichtenblatt einer Armee im Osten

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